Predigt Misericordias Domini  26.04.2020     1. Petr.2

 

Liebe Gemeinde,

 

Wir befinden uns immer noch in der Osterzeit.

In der Freude der Auferstehung und der Begeisterung über das leere Grab.

In den Wochen vor Ostern sind wir innerlich auf das Kreuz zugelaufen.

 

Haben es angeschaut.

Betrachtet.

In Kreuzwegen.

Innerer Einkehr.

Haben inne gehalten.

Gebetet, geschwiegen, sind umgekehrt.

 

Manche haben auf Dinge verzichtet, gefastet, sich Zeit für Stille und Nähe zu Gott genommen.

 

Dabei sind wir durch die Sonntage der Passionszeit, dem Palmsonntag und der Karwoche Stück für Stück auf das Kreuz zugegangen.

 

Und haben uns dabei das Opfer am Kreuz neu bewusst gemacht.

 

Nun, in den Wochen nach Ostern gehen wir vom Kreuz weg.

Tragen es in uns.

Mit uns.

Laufen mit einer gewissen Leichtigkeit und Freude.

 

Weil Jesus auferstanden ist.

Weil er den Tod besiegt hat.

Und uns von unserer Schuld erlöst hat.

 

Er hat die Ketten zersprengt.

Und die Gefangenen befreit.

 

Lieber Gemeinde und Leser,

Ich möchte heute noch einmal diese beiden Perspektiven beleuchten.

 

Den Blick auf das Kreuz hin auf der einen Seite -

Und dann - den Weg vom Kreuz weg.

 

Um zu schauen, welche Perspektiven sich dabei ergeben.

 

Zunächst die Schau auf das Kreuz hin.

 

Jesus stolpert, er geht auf den Tod zu.

Er trägt das Kreuz auf seinen Schultern.

Aber nicht nur das.

 

Er trägt mit seiner ganzen Seele, in seinem Geist unsere Schuld.

Die Last der ganzen Welt.

 

Wie es im 1. Petrusbrief 2,21- 23 steht:

Er hat unsere Sünden selbst an seinem Leib an das Kreuz getragen.

Er hat keine Sünde getan.

Aus seinem Mund ist kein Betrug entwichen/ gefunden worden.

Er wurde geschmäht und schmähte nicht wieder.

Als er litt, drohte er nicht.

(er rief nicht nach Vergeltung).

Sondern übergab alles dem, der gerecht richtet.“

 

Nämlich dem Vater im Himmel.

 

Und mit dieser Lammesnatur geht er an das Kreuz.

Vergießt sein kostbares Blut.

Schreit nach Gott.

„Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.“

 

Und mit diesem Opfer schreibt er in großen Buchstaben.

Erkennbar und lesbar für alle, die auf das Kreuz schauen.

Und dieses Kreuz umarmen und dieses Opfer annehmen:

 

„Nicht schuldig.“

„Not guilty.“

 

Nicht schuldig.

 

So stand es in einem Jugendkalender geschrieben:

 

„Gott übersieht keine einzige Sünde, aber ER vergibt unsere ganze Schuld.“

 

Google, die größte Suchmaschine der Welt, sammelt alle Daten, alle Einträge, alle Einkäufe, alles Surfen, alle ziellose Zeitverschwendung an diesem Gerät und löscht diese Informationen nicht.

 

Aber Gott weiß mehr als Google.

Er sieht in das Verborgene.

 

So finden wir es im Psalm 139:

Herr, du erforschst mich und kennst mich.

Ich sitze oder stehe auf, so weißt du es; du verstehst meine Gedanken von ferne.

Ich gehe oder liege, so bist du um mich und siehst alle meine Wege.

Denn siehe, es ist kein Wort auf meiner Zunge, das du, HERR, nicht schon wüßtest.“

 

Aber Gott nutzt diesen Wissenvorteil, diese Möglichkeit der inneren Schau in das Leben von uns Menschen und in die Tiefe unserer Herzen nicht aus, sondern ruft uns zu:

 

Ich tilge deine Übertretungen wie eine Wolke und nehme deine Sünde weg wie einen Nebel.“ (Jesaja 44,22)

 

Kurz gesagt:

„Not guilty, nicht schuldig.“

 

Schreibt Gott auf unsere Stirn, über unser Leben.

In unsere Herzen, auf unsere Hände und in unsere Füße.

 

„Nicht schuldig.“

„Not guilty“.

 

(teilweise wurden Inhalte des letzten Abschnitts aus dem Kalenden „Ein Blick 2020“ vom CVS Verlag entnommen)

 

 

Aber ein wichtiger Satz steht bei Jesaja am Ende dieser Verse:

 

Kehre um zu mir/

Wende dich mir wieder zu.

Denn ich habe dich erlöst/ denn ich erlöse dich.“

 

Damit wird das Kreuz zum Gabelkreuz,

zur Weggabelung,

Zum Wendepunkt.

Zu einem Ort der Entscheidung.

 

An dem wir stehen können.

An dem wir staunen können.

 

Wie unsere Verfehlungen weggepustet werden wie dicke Wolken, die sich auflösen.

Oder wie ein dichter Nebel, bei dem wir die Hand nicht vor Augen sehen, verschwindet durch den Glanz der Sonne.

 

All das trägt und erkauft Gott am Kreuz von Golgatha.

 

Damit wir, wenn wir der Sünde gestorben sind, der Gerechtigkeit leben.“ (1. Petrus 2,24)

 

 

Jesus Christus trägt mit diesem Kreuz alles.

Was uns verurteilen.

Schuldig sprechen.

Verderben.

In die Hölle bringen.

Einer gerechten Strafe zuführen würde.

 

Damit wir – wenn wir dieses Kreuz annehmen von diesem Kreuz getragen werden.

 

Jesus trägt es – das Kreuz.

Wir werden von seinem Kreuz getragen.

 

Getragen – in ein neues Leben hinein.

Getragen – aus dem Tod in das Licht.

Befreit, geliebt, errettet, für Wert geachtet, erlöst.

 

Ja, zu einem neuen Leben befreit.

 

Und damit sind wir schon inmitten des 2. Punktes.

.

 

Mit dem Kreuz im Rücken, können wir durchstarten.

Können wir fallen und wieder aufstehen.

Können wir los gehen.

Kirche bauen, unser Leben auf den Kopf stellen lassen.

Menschen mit dem Osterlicht verstrahlen.

 

Das Grab es leer.

Jetzt befindet es sich wie hinter unserem Rücken.

Als Gewissheit.

Als Stärkung.

Als unsichtbare Kraft.

Und wir können weiter laufen.

 

Dieses neue Leben beschreibt Benjamin Franklin, einer der Gründungsväter von den USA, der auch den Blitzableiter erfunden hat, in folgenden Worten:

 

Hier liegt der Leib von Benjamin Franklin, gleich dem Deckel eines alten Buches, aus welchem der Inhalt heraus genommen und das seiner Inschrift und Vergoldung beraubt ist - ..Doch wird das Werk selbst nicht verloren sein, sondern, wie ich glaube, einst erscheinen in einer neuen, schöneren Ausgabe – durchgesehen und verbessert vom Verfasser.“

 

Dieses Zitat ist eine kleine Auferstehungspredigt, die zu uns spricht.

 

„Durchgesehen, verbessert, neu gemacht und in einer schöneren Ausgabe.“

 

Das ist für mich die Frucht des Kreuzes.

Die Kraft der Auferstehung.

Die Botschaft von Ostern.

 

Wie es im Petrusbrief steht:

Damit wir, wenn wir der Sünde gestorben sind, der Gerechtigkeit leben.“

 

Zwar hat Benjamin Franklin diese Verse auf seinen Grabstein geschrieben.

Aber das Kreuz ist auch für uns Lebende ein Ort des Todes.

Der Erneuerung und der Umkehr.

 

Alles egoistische, fleischliche muss dort sterben.

Jede „Ich-AG“ muss Konkurs anmelden am Kreuz von Golgatha.

 

So lesen wir es in Apostelgeschichte 20,24:

 

Aber ich erachte mein Leben nicht der Rede wert, damit ich meinen Lauf vollende.“

 

Das Kreuz erzählt von dem Leben, was Jesus aufgegeben, hingegeben, geopfert hat.

Allerdings verlangt das Kreuz auch Opfer von uns.

 

Damit Leben geschieht.

Damit Ostern wird.

 

Unser Leib, unser Leben darf und muss wie es B. Franklin ausdrückt, in das Grab gelegt, dem alten Inhalt und eigenen Glanz beraubt werden, um in einer neuen, schöneren und verbesserten Ausgabe erscheinen zu können.

 

Das gilt leider nicht im Blick auf unsere äußere Hülle, jedoch im Bezug auf unser geistliches Leben.

 

Jesus trägt das Kreuz.

Damit es uns tragen kann.

 

Auf das Kreuz zugehen.

Dort alles niederlegen, was Nebel und Wolke heißt.

Was unsere Blicke von Gott wegzieht und ablenkt.

 

Und doch weiter gehen.

Hinein in das Osterlicht.

In ein helles Land.

Die Verheißung der Auferstehung.

 

Amen.

 

 

Befreit von der Sünde und zum Dienen für Gott berufen, werden wir immer mehr verwandelt (geheiligt), und als Ziel, als Belohnung das ewige Leben ererben. (Römer 6,22)

 

Amen.